Wie Organisationen denken – Kommunikation als Strukturform
Organisationen denken in Kommunikation. Systemische OE zeigt, wie Verständigung, Muster und Entscheidungen entstehen – jenseits von Organigrammen.
„Ich habe das doch gesagt – aber es kam einfach nicht an!“ Diesen Satz äußerte ein Geschäftsführer eines traditionsreichen Produktionsunternehmens in Brandenburg, nachdem eine dringende Prozessumstellung von der Belegschaft „überhört“ worden war. In seiner Sicht: ein Kommunikationsproblem. Aus systemischer Sicht: ein Hinweis darauf, wie Organisationen kommunizieren – und was das mit Struktur zu tun hat.
Systemische Organisationsentwicklung geht davon aus: Organisationen bestehen nicht aus Menschen – sie bestehen aus Kommunikation. Es sind Kommunikationsereignisse, die festlegen, was in einer Organisation als gültig, wahr oder entscheidungsrelevant gilt. Das klingt sperrig, ist aber hoch relevant für die Praxis.
Wie Kommunikation Struktur schafft:
Nehmen wir das Beispiel eines jungen, schnell wachsenden Start-ups in Potsdam. Die Gründer:innen wollten flache Hierarchien, viel Eigenverantwortung und offene Dialoge. Doch mit zunehmender Teamgröße häuften sich Missverständnisse, Doppelarbeit und Konflikte. Was war passiert? Die Organisation hatte keine „gemeinsamen Muster“ mehr, um Bedeutung zuzuschreiben: Wer entscheidet was? Was zählt als Information? Wo beginnt ein Konflikt? Die Antwort war nicht mehr klar – und damit fehlte Struktur.
Kommunikation ist also nicht nur Austausch von Inhalten. Sie ist das Medium, über das Organisationen ihre eigene Ordnung erzeugen. Wer wann wie worüber spricht – oder eben nicht – sagt viel darüber aus, wie Entscheidungen entstehen und wer als relevant gilt.
Ein Beispiel aus der Praxis:
In einem Handwerksunternehmen fiel auf, dass immer wieder Konflikte zwischen der Werkstatt und dem Büroteam eskalierten – obwohl es regelmäßige Meetings gab. Die Analyse zeigte: Die formale Kommunikation (Meetingprotokolle, Infomails) erreichte die Werkstatt nicht im entscheidenden Moment. Stattdessen lief die relevante Verständigung über den Pausenraum. Die systemische Intervention bestand darin, Kommunikationsanlässe so zu gestalten, dass sie in den Räumen stattfanden, in denen Bedeutung tatsächlich verhandelt wurde. Das half, nicht nur Prozesse zu verbessern – sondern auch Beziehungen zu stabilisieren.
Was das für KMU bedeutet:
In kleineren Organisationen gibt es oft wenig „offizielle“ Kommunikationswege – vieles läuft informell. Das ist eine Stärke, solange es funktioniert. Wenn Wachstum, Generationswechsel oder Digitalisierung dazukommen, geraten diese Muster schnell ins Wanken. Plötzlich reicht ein kurzes Zuruf-Meeting nicht mehr aus. Oder die neue Cloud-Lösung ersetzt das informelle Gespräch – aber ohne das nötige „Wie sprechen wir darüber?“
Systemische OE fragt daher nicht: „Was haben Sie kommuniziert?“, sondern: „Wie wurde Bedeutung erzeugt?“ Das ist der Unterschied zwischen Information und Organisation.
Fazit:
Wer Organisationen verstehen will, muss ihre Kommunikation beobachten – nicht nur inhaltlich, sondern strukturell. Was darf gesagt werden? Wer wird gehört? Welche Kommunikationsformen werden wiederholt? Diese Fragen helfen, unsichtbare Strukturen sichtbar zu machen – und damit gestaltbar. Für KMU heißt das: Nicht mehr Kommunikation ist nötig, sondern bewusstere. Denn in jeder E-Mail, jeder Andeutung, jeder Geste entsteht Struktur – oder eben Chaos.
Ich bin Daniela Wilberg, systemische Organisationsentwicklerin. Wenn Sie mehr erfahren möchten: Lesen Sie gern weitere Artikel oder treten Sie mit mir in Kontakt.